Schweiz-Wochenende Teil 1

 

  Ein Bericht von Thomas Steinert

Das vorgezogene Spiel der Adler in Nürnberg auf Donnerstag bescherte uns einen spielfreien Feiertag mit der Überlegung was man machen könnte. Stuttgart gegen Essen war eine Alternative, endlich mal zu Hause bleiben die Andere.

Nachdem nun Jörg aus Dresden (leidenschaftlicher ESC-Fan) seinen jährlichen Herbsturlaub in seiner ehemaligen Exilheimat verbringt, sagte ich ihm zu, dass wir an diesem Wochenende ein oder zwei Spiele der Nationalliga A besuchen könnten.

Gesagt, getan.

Nach der Nürnberg-Fahrt für die wir ungefähr 6 Stunden (wohlgemerkt für 200 km) hinzu brauchten, konnte uns an diesem Morgen nichts mehr erschüttern. Auch zähfließender Verkehr bei Karlsruhe nahmen wir mit Humor, denn so schlimm wie Tags zuvor  konnte es gar nicht kommen.

Kurz vor Freiburg stärkten wir uns im Pizza Hut mit der Gewissheit, dass die Schweiz für uns ein teures Pflaster ist und wir deswegen mit vollem Magen einreisen mussten. Die Fahrt gestaltete sich problemlos und auch die Schweiz-Plakette hielt bombensicher an der Scheibe. Verwunderlich war dies schon, denn sie klebte bis Mitte September an Jens Motorrad, ging dann wegen der Rapperswil-Tour an mich um schlussendlich in Thorstens Auto zu landen.

Wie schon beim letzten Mal lasen wir auch diesmal Eisbär-Sven in Basel auf und machten uns nun daran, den Weg über Luzern ins Tessin zu nehmen. Je höher die Berge wurden, umso dunkler wurden die Wolken, die irgendwann die Sonne verdrängt hatten.

Kurz vor dem Gotthard-Tunnel fuhren wir in Wassen ab, um dort nach einem Zimmer für die Nacht zu fragen. Tatsächlich war noch eins frei. Der Preis war für diese Bude allerdings viel zu hoch, aber was soll’s, die Schweiz ist für uns nicht gerade das billigste Urlaubsland.

Wir mussten weder Namen noch Adresse angeben, wurden lediglich mit einem Zimmerschlüssel ausgestattet und setzten uns wieder ins Auto rein, um auf die andere Seite des Berges zu kommen.

Bei zugigen 15 Grad fuhren wir rein und hofften auf Erfüllung dieser Sagenumwogenden  Geschichten, die schon so mancher Urlauber erlebt hatte: „Du fährst auf der nördlichen Seite des Gotthards rein und es regnet. Du kommst aus dem Gotthard raus und dir lacht die Sonne und der Frühling entgegen.“

Scheiße war’s. Da lachte uns gar nichts entgegen. Ich würde mal behaupten, dass die Wolken noch dichter und dunkler waren, als vor dem Tunnel. Dabei keimte noch Hoffnung, nachdem wir in der Mitte des Tunnels eine Außentemperatur von 31 Grad messen konnten und bis kurz vor dem Ausgang immer noch 27 Grad angezeigt waren.

Obwohl wir fast nicht mehr damit rechneten, sahen wir Licht am Ende des Tunnels. Wenn auch, wie bereits erwähnt, nicht so wie man aus Legenden gehört.

Kurz vor der Ausfahrt Airolo hatte sich das Thermometer wieder bei schnuckeligen 15 Grad eingependelt.

Die restliche Zeit vertrieben wir uns bei einer heißen Schokolade in einer der Kneipen an der einzigsten Straße des Dorfes. Hinter uns saß bereits der Betreuer der Genfer.

Gegen 18 Uhr liefen wir die Dorfstraße ein Stück runter und kamen zum Tempel des HC Ambri-Piotta.

Es ist wirklich unglaublich, dass sich dieser Club seit Jahren in der höchsten Spielklasse halten kann. In dieser Gegend und mit Großstadtclubs als Konkurrenz, die über zahlreiche Sponsoren verfügen, grenzt das schon fast an ein Wunder. Dafür haben sie meinen vollen Respekt verdient. Allerdings muss man dazu sagen, dass Ambri auch seit Jahren schon finanzielle Probleme belasten. Trotzdem kann man in der Liga, und auch die Rivalen aus Zug und Lugano, nur dankbar sein, dass dieses kleine „Eishockey-Traditionsdorf“ weiterhin in der  höchsten Spielklasse spielen kann.

Der Begriff Dorf ist nicht negativ gemeint, sondern trifft in dem Fall wirklich zu. Ambri hat lediglich 400 Einwohner und nur der Kirchturm dürfte das Stadion in der Höhe überbieten. Ins Stadion passen dagegen 7000 Zuschauer, die von überall aus der Schweiz anreisen, um den HCAP spielen zu sehen.

Wir kauften uns gegen 18 Uhr Stehplatztickets für 20 Franken (rund 14 €) und betraten nach einer recht übertriebenen Leibesvisitation die „Valascia“. Wir waren fast die Ersten und als eine halbe Stunde vor Spielbeginn immer noch gähnende Leere auf den Rängen herrschte, rechneten wir schon mit einem Minusrekord in Sachen Zuschauer. Man glaubt aber gar nicht, wie schnell sich so ein Stadion füllen kann. Am Ende waren es über 4500 Zuschauer.

Wir stellten uns auf die lange Seite zwischen Gästeblock und der „Curva Sud“. Da wir Eishockey sehen und Stimmung erleben wollten, standen wir da genau richtig. Zumindestens ich hatte immer eine Auge auf die „Curva Sud“, dem Stimmungsblock der Tifosi. Wir standen eher im „Familienblock“ und obwohl man viele Autos aus dem deutschsprachigen Gebiet der Schweiz auf dem Parkplatz gesehen hatte, hörte man hier nur italienisch sprechende Schweizer.

Die Ambri-Fans hinter dem Tor wurden durch einen Vorsänger und seinem Megaphone zum mitmachen animiert und man muss wirklich anerkennen, egal ob man Freund oder Feind solcher Geräte ist, dass er seine Sache recht gut machte.

Das Spiel begann mit einem Tor für Genf durch Brett Hauer. Die anwesenden Servette Genf Fans konnten sich danach das einzigste Mal wirklich spürbar bemerkbar machen. Ok, es waren auch nur 15 Leute, aber wir standen nun nicht gerade weit vom Gästeblock entfernt. Ein paar Fahnen und Doppelhalter schmückten den Gästeblock zusätzlich.

Danach durften sich die Ambri-Fans freuen, denn Trudel erzielt erst den Ausgleich und später noch den 2:1 Führungstreffer. Sieben Minuten vor Ende schoss Fedulov nach schöner Vorarbeit von Phillipe Bozon noch den 2:2 Ausgleich. Apropos Bozon: Durch seinen Aufenthalt in Lugano ist er immer noch eine Reizfigur in Ambri und mehrmals schallte es vor und neben uns in seine Richtung: „Bastardo“ und „Merda Bozon“.

Die Verlängerung brachte kein weiteres Tor.

Nach dem Spiel ließ ich am Mannschaftsbus noch mein Bozon-Trikot signieren und er unterschrieb es mit einem dicken Grinsen im Gesicht.

Wir verließen das Tessin wieder in Richtung Hotel. Wir hatten uns mittlerweile überlegt, den Schlüssel wieder ans Hotel zu bringen, ihn in den Briefkasten einzuwerfen und zu unserer Caro nach Zürich zu fahren.

Nach kurzem SMS-Verkehr war klar, dass wir im schönen „Hotel Caro“ am Zürisee schlafen konnten.

In Luzern setzten wir noch Sven am Bahnhof ab, der später dann wieder nach Basel zurückkehrte. Wir kamen gegen 0.30 Uhr bei Caro an und waren froh, dass wir nicht die teure Übernachtung im Hotel genommen hatten.

Caro bot Thorsten und Jörg ihr breites Bett an. Sie machte es sich auf der Couch bequem und ich nahm die Isomatte und den Schlafsacke und „kuschelte“ mich auf den Fußboden des Wohnzimmers.