Neulich am Samstag in der Schweiz: 907 Kilometer, 1.560 Höhenmeter

 

  Ein Bericht von Thomas Steinert

Wir hatten viel vor an diesem Samstag und mussten dementsprechend früh starten. Ich wollte vor unserer organisierten Busreise zum Spengler Cup den Hotels einen Besuch abstatten, die Tickets für die Adler-Spiele beim HC Davos abholen und machte auch noch einen Termin mit dem Fanbeauftragten der Graubündner aus.

So ging es dann gegen 8 Uhr in Ladenburg los. Schnell noch Chango unter der…, äh… natürlich an der Brücke zu Neckarhausen aufgesammelt und ab zum Thorsten nach Schriesheim. Leider hatten wir dann noch ein kleines finanzielles Problem zu bewältigen, denn der Umtausch eines größeren Betrages in Schweizer Franken lief am Vortag nicht so wie geplant und nun fehlten uns ordentlich Euros. Also wurde sich ein Notfallplan ausgedacht und Nina am Samstag Morgen um halb Neun noch aus dem Bett geschmissen, die uns dann netterweise helfen konnte.

Ca. eine Stunde später als geplant waren wir dann endlich auf einer leeren A5 und schossen Richtung Süden. Chango, der scheinbar einen Süßwaren-Laden überfallen hatte, machte sich im Auto schwer beliebt. Anstatt dem Navi am Dreieck Karlsruhe in Richtung Stuttgart zu folgen, zogen wir es vor den bekannten Weg bis Basel zu nehmen.

Kurz hinter Karlsruhe dann auf einmal nur rote Lichter vor uns und zeitgleich ertönte der SWR-Verkehrsfunk mit einem 4-Kilometer-Stau wegen „Baumfällarbeiten“! Juhu, die Stimmung im Auto war auf dem Siedepunkt.

Nur schleppend ging es voran und auch das Navi machte uns wenig Hoffnung den Tag so zu gestalten wie das eigentlich geplant war. Hoch bis Davos, Hotel 1 ansteuern, Karten abholen, Fanbeauftragten treffen, Hotel 2 aufsuchen und bereits 16.45 Uhr zum Nachwuchsspiel in Arosa war schon jetzt fast nicht mehr möglich.

Beim nächsten Verkehrsservice waren es dann schon sechs Kilometer und jetzt kamen noch kurzfristige Sperrungen auf der Autobahn wegen diesen Landschaftsverschönerungen dazu. Immerhin konnte ich in dieser Zeit mir fast komplett das neue „Erlebnis Fußball“ Heft durchlesen. Fahren war ja nicht möglich.

Nach gefühlten 15 Stunden Stau ging es dann erst von drei Spuren auf zwei und später dann noch mal auf eine (ganz links). Ausgerechnet ein Auto vor uns sperrte die Polizei dann wieder die Autobahn ab. Wir waren gespannt welche große Tat nun folgen würde. Am Rande der Autobahn wurde nun ein bonsaigroßer Baum dem Erdboden gleichgemacht. Danach ging es dann Gott sei Dank weiter. Allerdings kam ich die nächsten 10 Kilometer nicht mehr aus dem Kopfschütteln heraus.

An der Grenze wurde dann noch fleißig Schweizer Franken zu einem Super-Kurs getauscht, bevor wir uns über Zürich (dieses Mal leider ohne Biber) und dessen schönen See, bis kurz vor Chur in einem Affentempo fortbewegten. 80 – 100 – 120 sind keine Modelmaße sondern das höchste der Gefühle auf Schweizer Autobahnen. Nicht wirklich berauschend, wenn man es eilig hat, aber gut für den Verbrauch und angesichts der vielen Blitzer auch extrem schonend für den Geldbeutel.

Ausfahrt Landquart raus und die Talstraße am ersten Hotel vorbei direkt nach Davos. Unterwegs rief ich noch den Fanbeauftragten an, der von der Ticketdame die Karten bekommen hatte und uns praktischerweise einen Gang ersparte. Nach und nach wuchs auch die Schneedecke an und bei unserer Ankunft in der höchstgelegenen Stadt Europas dürften es gut 40 – 50 cm gewesen sein.

Nach einem Punsch und einem kurzen Gespräch ging es inklusive der Tickets nach Klosters wo wir das erste der zwei Hotels für den Spengler-Cup Aufenthalt inspizierten.

Unser Ground in Arosa war zu dem Zeitpunkt leider schon nicht mehr zu machen und so beschlossen wir in Grüsch bei unserem anderen Hotel vorher erst mal in der Eishalle vorbeizuschauen. Den Punkt hatte ich mir bereits im Sommer 2003 geholt, als damals die Adler im Jahrhundertsommer ein Vorbereitungsspiel gegen den EHC Chur bestritten (den Bericht gibt’s übrigens auch auf dieser Homepage nachzulesen). Das Hopperglück war uns hold und somit konnten Chango und Thorsten der Partie EHC Vaduz-Schellenberg gegen die Hurricane Hobes verfolgen. Ich machte dagegen die Visite im ortsansässigen Hotel und kehrte später wieder zurück. In der Kneipe neben dem Stadion stand dann noch ein Käsefondue auf dem Programm, bevor wir uns auf den Weg zum „Spitzenspiel“ der Nationalliga B machten.

EHC Chur gegen HC Martigny, 12. Gegen 11. stand auf dem Programm. Wohlgemerkt gibt es nur 14 Teams in der Liga, die U20-Nati ist außer Konkurrenz  und lediglich Neuchatel als Aufsteiger steht noch hinter den Beiden.

Wir kamen gleichzeitig mit dem Fanbus aus Martigny auf dem Parkplatz an. Da ich mit gar keinem Gästefan  gerechnet hatte freute mich das umso mehr. Die Bengalos der „Halbfranzosen“ leuchteten uns den Weg zur Halle. Etwa 45 Minuten vor Beginn der Partie herrschte in der Halle gähnende Leere. Die 21 Fans aus Martigny wurden ordentlich gefilzt bevor sie anfingen die Halle zu beschallen und kurz vor Spielbeginn konnte man dann auch auf der Heimseite eine Art Fanblock sichten. Wir machten es uns auf den Stehplätzen der Gerade bequem und hatten einen guten Blick aufs Eis.

Das Spiel selber war zwar schnell, aber für Schweizer Verhältnisse nicht besonders ansehnlich. Gute Aufbaupässe waren Mangelware und auch sonst wurden viele individuelle Fehler gemacht. Die Gäste gingen auch verdient mit 1:0 in Führung, auch wenn der Ausgleich nicht lange auf sich warten ließ. Nach dem der EHC sogar 2:1 in Führung gehen konnte und der Schiedsrichter sich scheinbar unbedingt mal in Szene setzen wollte führte bis kurz vor Ende des zweiten Drittels der Gast aus Martigny mit 4:2. Kurz vor der Pause dann noch der Anschlusstreffer zum 3:4 für Chur. Nach einer Stärkung in der Stadionkneipe konnten wir dann noch ein hektisches letztes Drittel mit vielen Strafzeiten verfolgen. Chur führte dann bis zur 59. Minute mit 5:4 bevor den Gästen der Ausgleich gelang.

In der Verlängerung trafen die Gäste zwei Sekunden vor Ende noch das Tor und holten sich den Zusatzpunkt. Der Gästeblock war da am abtoben, allerdings hatte er sich bereits seit Ende des 1. Drittels nicht mehr wirklich bemerkbar machen können.

Insgesamt eine interessante „Fanleistung“ an diesem Abend. Zwei Mal durfte ich die Churer Fans bisher auswärts erleben, beide Spiele liegen aber auch schon ein wenig zurück und zu vergleichen mit früher war das leider nicht. Im ersten Drittel gab es so gut wie keine Anfeuerung aus dem Heimblock, erst als man sah, dass an diesem Abend punktemäßig was zu holen sei und die beiden Trommler Hand anlegten kam sowas wie Stimmung auf. Allerdings sind 495 zahlende Zuschauer an einem Samstag schon sehr ernüchternd und die sportlichen schlechten Leistungen der vergangen Jahre zeigen, dass Eishockey in Chur leider an Stellenwert verloren hat.

Über die Gäste aus Martigny kann ich leider nicht viel Positives vermelden.  So interessant das vor dem Spiel aussah, so schlecht wurden sie während der Partie. Zwei ältere Fans hielten ganz großen Abstand zum Nachwuchs von der „Brigata“ und ganz ehrlich, ich konnte sie mit fortlaufendem Spiel immer mehr verstehen. Erst einen dick auf Ultra machen und dann vom kiffen und saufen nicht mehr gerade stehen können oder sich den mitgereisten, viel zu jungen, Damen widmen. Aber vielleicht kapiert irgendwann, dass man seinem Team damit überhaupt nichts bringt!

Die Churer Fans verabschiedeten sich von ihren Fans mit dem Spruchband „Glücklich sind Andere“ und damit lässt sich die sportliche Situation in Chur wohl am Besten beschreiben.

Die Sitzheizung reanimierte unsere Körper wieder und schnurstracks ging es wieder Richtung Deutschland. Kurz vor der Grenze sah ich leider noch mal kurz ein rotes Licht und warte jetzt ganz einfach mal was da auf mich zukommt. Viel war es jedenfalls nicht. Allerdings sagte mir die nette, blonde, deutsche Grenzbeamtin, dass man pro zu viel gefahrenen Kilometer gut 30 Franken rechnen dürfte. Na ich freu mich…